Herzsport

Die Informationen auf dieser Seite finden Sie in Band 31 einer eBook-Reihe der Patienten-Akademie.

Hier bekommen Sie dieses eBook in verschiedenen Formaten:


Herzsport

Herzsport (oder Koronarsport) ist eine Rehabilitationsmaßnahme für Patienten mit Erkrankungen des Herzens.

Gründe

Der Koronarsport wird nach Abschluß der Behandlung einer Herzkrankheit zur Wiederherstellung und Optimierung des körperlichen Zustandes eines Patienten durchgeführt, um die Einschränkungen seines körperlichen Zustandes, die sich u.U. aus der Herzerkrankung ergeben haben, zu verbessern oder zu beseitigen. Dabei soll der Patient lernen, seine individuellen Möglichkeiten zur körperlichen Tätigkeit zu erkennen und gegen die evtl. Einschränkungen anzugehen.

Die Situation eines Patienten bei Herzerkrankungen bzw. nach deren Behandlung (z.B. mit Operation oder PTCA bzw. Stent) hat 2 Gesichtspunkte:

  1. Der Patient muß erkennen, daß seine körperliche Leistungsfähigkeit u.U. eingeschränkt ist, er muß seine neuen Grenzen kennenlernen und versuchen, diese Grenze zu verschieben
  2. Er muß akzeptieren, daß seine Herzerkrankung nicht nur Auswirkungen auf seine körperlichen Leistungsfähigkeit hat, sondern er muß auch akzeptieren, daß die Krankheit bzw. die deretwegen durchgeführte Behandlung psychische Auswirkungen hat, etwa indem er Angst vor Belastungen hat, weil er zu.B. glaubt, dadurch würde seine neue Herzklappenprothese überlastet werden und kaputt gehen oder weil ein eingepflanzter Stent durch die Belastung beschädigt.

Die wichtigste Aufgabe des Herzsportes besteht weniger darin, den Patienten körperlich zu trainieren und seine Ausdauer und Kraft zu stärken. Vielmehr soll eine falsche Schonhaltung beseitigt werden, sodaß der Patient in die Lage kommt, die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten angstfrei zu nutzen und einen seinen Möglichkeiten angepaßten normalen Alltag zu leben, wozu natürlich auch die Wiederaufnahme seiner beruflichen Tätigkeit steht.

Geschichte

Die ersten Herzsportgruppen, die man damals noch Dauerlaufgruppen nannte, wurden Ende der 1960-Jahre in der Nähe von Viersen am linken Niederrhein gegründet.

Dieses Modell wurde von der Universität Göttingen weiter entwickelt und seit Mitte der 1970-Jahre in mehreren Reha-Kliniken in Niedersachsen angewandt. Von dort aus verbreitete es sich bundesweit.

Das Modell der Herzsportgruppen war damals insoweit sehr fortschrittlich, weil bis dahin weltweit propagiert wurde, daß man sich bei schweren Herzerkrankungen, nach Herzinfarkten oder Herzoperationen schonen sollte.

Wie funktioniert der Herzsport?

Herzsport wird in Gruppen von 15 – 20 Menschen durchgeführt.

Ein- oder zweimal pro Woche treffen sich die betroffenen Menschen und führen ein sportliches Training durch. Die Intensität dieses Trainings hängt davon ab, wie leistungsfähig das Herz ist, bzw. welche Schäden die Herzkrankheit am Herzen verursacht hat. Dabei teilt man die Betroffenen in 2 Gruppen ein:

Die Trainings- und die Übungsgruppe (siehe unten).

In der Trainingsgruppe kann etwas härter „trainiert“ werden als in der Übungsgruppe.

Eine Herzsport-„Stunde“ dauert etwa 60 Minuten.

Zu Beginn stehen in der Regel Aufwärmübungen. Nachfolgend wird dann in gymnastischen Übungen, Spielen oder speziellen Trainingsübungen (Laufen, Klettern o.ä.) Sport betrieben.

Die Sportstunden werden geleitet von speziell ausgebildeten Übungsleitern, die in der sportlichen Betreuung herzkranker Menschen viel Erfahrung haben.

Voraussetzung für die Durchführung einer solchen Sportstunde ist die dauernde Anwesenheit eines Arztes. Er hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, daß nicht passiert und daß alle Teilnehmer sicher vor sportlichen Überlastungen sind. Um diese Aufgaben bewältigen zu können ist der Arzt in der Betreuung von Herzsportgruppen ausgebildet worden und hat die erforderlichen Instrumente und Geräte, die er bei Zwischenfällen brauchen könnte stets zur Hand (z.B. Infusionssysteme, bestimmte Medikamente, Elektroschock-Gerät = Defibrillator).

Wer darf teilnehmen

Alle Menschen, die wegen einer Erkrankung des Herzens oder des Kreislaufes „behindert“ sind oder bei denen eine „Behinderung“ droht haben einen Anspruch auf die Teilnahme am Herzsport, dies ist in der Sozialgesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland so festgelegt.

Teilnehmen können Menschen mit den nachfolgend genannten Krankheiten. Sie können sich über diese Krankheiten in den jeweiligen Broschüren weiter informieren.

Wer darf nicht teilnehmen

Nicht an den Übungen einer Herzsportgruppe teilnehmen dürfen Menschen

Diese Menschen müssen vor einer Teilnahme zunächst zusammen mit ihrem Kardiologen dafür sorgen, daß die Herzkrankheit „entschärft“ wird. Danach wird auch bei ihnen eine Teilnahme am Sport möglich sein.

Verschiedenes

Maximal- und Belastungspuls

Um zu gewährleisten, daß man sich bei den sportlichen Übungen nicht überlastet wird mehrmals während einer Sportstunde der Puls gemessen. Dies können die meisten Teilnehmer der Sportgruppen selber an sich selber vornehmen. Menschen, die dies nicht können bekommen (das hängt von der jeweiligen Übungsgruppe ab) entweder ein spezielles Pulsmeßgerät oder der Übungsleiter hilft bei der Messung.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, daß man 3 verschiedene Puls-„Arten“ kennt:

  1. Der Ruhepuls ist die Geschwindigkeit des Herzens in körperlicher Ruhe.

    Sie beträgt normalerweise zwischen 60 – 80 Schläge pro Minute.

    Menschen mit Herzkrankheiten werden jedoch oft mit Medikamenten behandelt, die den Puls absenken (z.B. beta-Blocker). In diesen Fällen kann der Ruhepuls manchmal deutlich langsamer sein (z.B. 50/min), ohne daß dies gefährlich wäre. Der behandelnde Kardiologen oder Hausarzt werden wissen, ob sich der Ruhepuls durch die Medikamente, die man einnehmen muß, verändern wird und ob es einen Wert gibt, den man beachten muß.

  2. Der Maximalpuls ist derjenige Puls, den ein Mensch unter körperlicher Belastung maximal erreichen kann.

    Im Idealfall berechnet sich dieser Maximalpuls nach der Formel: 220 – Lebensalter (z.B. 220 – 65 (Lebensjahre) = 155).

    Der auf diese Weise berechnete Maximalpuls gilt aber nicht für jeden Menschen. Besonders der Einsatz der oben schon erwähnten Medikamente führt dazu, daß der Maximalpuls deutlich geringer ist, das ist ja gerade der Zweck dieser Behandlung.

    In diesen Fällen bestimmt man den Maximalpuls mit Hilfe eines Belastungs-EKG.

    Hierbei wird der Mensch so lange belastet, bis er wegen Schwäche der Beine, Luftnot oder anderer Beschwerden nicht mehr weiter treten kann. Der zu diesem Zeitpunkt gemessene Puls ist der individuelle Maximalpuls.

  3. Der Belastungspuls ist diejenige Pulsgeschwindigkeit, mit der ein Patient körperlich in Herzsportgruppen belastet werden sollte.

    Man berechnet ihn mit Hilfe des Ruhepulses und des mit dem Belastungs-EKG ermittelten Maximalpulses.

    Beim Belastungs-EKG kann man bestimmten, wie hoch der „nutzbare Pulsbereich“ ist.

    Wenn jemand beispielsweise einen Ruhepuls von 70/min und einen Maximalpuls von 130/min hat beträgt der „nutzbare Pulsbereich“ 60/min (130 – 70).

    Für den Belastungspuls ermittelt man nun 60 – 70% des nutzbaren Pulsbereiches und addiert ihn zum Ruhepuls. Z.B.

    Ruhepuls: 70/min

    Maximalpuls: 130/min

    Nutzbarer Pulsbereich: 60/min

    60-70% des nutzbare Pulsbereiches: 36 – 42/min

    Belastungspuls: 70 + 36 (oder 42): 106/min (oder 112/min).

Bei den Übungen des Herzsports sollte man also darauf achten, daß man den Belastungspuls erreicht, d.h. man sollte ihn nicht über- aber auch nicht unterschreiten.

Dauer der Teilnahme

In der Regel wird die Teilnahme an einer Herzsportgruppe für 90 Übungsstunden innerhalb von 24 Monaten, d.h. ca. 2 Jahre lang einmal wöchentlich anerkannt.

Wenn diese Zeitdauer abgelaufen ist ist die Rehabilitationsbehandlung in der Regel abgeschlossen. Man kann sie natürlich auf eigene Kosten (siehe unten) weiter fortsetzen.

Verlängerung

Wenn eine Sportgruppen-Behandlung über 90 Übungsstunden innerhalb von 24 Monaten absolviert wurde endet die Teilnahme am Herzsport normalerweise. Es gibt aber die Möglichkeit für eine weitere Teilnahme.

Dazu muß man aber die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

Andere Gründe für eine Verlängerung betreffen

In diesen Fällen übernimmt die Krankenkasse eine Fortsetzung für weitere 45 Übungseinheiten über eine Dauer von 12 Monate.

Wer bezahlt?

Zuständig für die Bezahlung der Herzsportgruppen sind die Krankenkassen. Sie rechnen die Kosten direkt mit der Herzsportgruppe ab, ohne daß man etwas damit zu tun hätte.

Die Krankenkassen müssen die Teilnahme am Herzsport bezahlen, wenn die Voraussetzungen, wie ich sie oben beschrieben habe erfüllt sind. Wenn die 90 Übungsstunden abgelaufen sind endet die Kostenübernahme-Verpflichtung der Krankenkassen allerdings, sofern die Patienten nicht die im vorherigen Abschnitt genannten Voraussetzungen für eine Verlängerung oder erneute Teilnahme erfüllen.

Wenn jemand in diesen Fällen von sich aus weiter am Herzsport teilnehmen möchte muß er die Kosten hierfür selber übernehmen.

Wie hoch diese Kosten sind ist von Sportgruppe zu Sportgruppe verschieden, man sollte sich danach erkundigen. Meistens liegen die Gebühren um 10 – 20 € pro Monat.

Anmeldung zum Herzsport

Wenn ein Patient Interesse an der Teilnahme am Herzsport hat sollte er sich am besten an den Hausarzt oder an einen Kardiologen wenden.

Wenn man einen Herzinfarkt erlitten hat, am Herzen operiert oder mit einer Ballonerweiterung behandelt wurde werden die Patienten oftmals schon während des Krankenhaus-Aufenthaltes auf die Teilnahme aufmerksam gemacht.

Wenn die Ärzte im Krankenhaus, der Hausarzt oder Kardiologe grünes Licht gegeben haben ist es erforderlich, daß der Hausarzt oder Kardiologe ein Belastungs-EKG und evtl. auch eine Ultraschall-Untersuchung des Herzens vornimmt. Die Ultraschalluntersuchung dient dazu, die Pumpfähigkeit Ihres Herzens zu untersuchen, den Zustand der Herzklappen zu prüfen oder die Größe von Infarktnarben des Herzens festzustellen.

Mit Hilfe des Belastungs-EKG werden die oben erwähnte „Dauerbelastbarkeit“ und der Belastungspuls ermittelt. Mit Hilfe des Wertes für die Dauerbelastbarkeit ordnet der Arzt die Patienten dann auch einer der beiden Übungsgruppen zu:

Erreicht man eine Belastbarkeitsgrenze von mehr als 1.0 Watt pro kg Körpergewicht (Wattzahl des Belastungs-EKG dividiert durch das Körpergewicht) wird man der „Trainingsgruppe“, bei einer Dauerbelastbarkeit von 0.75 – 1.0 Watt/kg der „Übungsgruppe“ zugeordnet.

Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden (wie sollte es anders sein) in ein Formular eingetragen. Dieses Formular ist sozusagen der Berechtigungsschein für die Teilnahme am Herzsport. Mit diesem Formular geht man zu seiner Krankenkasse und sucht nun die geeignete Herzsportgruppe.

Wo findet man Herzsportgruppen?

Am besten wendet man sich an die Krankenkasse. Alle Kassen haben ausführliche Verzeichnisse, in denen alle anerkannten Herzsportgruppen in der Region, in der man wohnt aufgelistet sind. Die Krankenkassen helfen auch oft bei der Herstellung des Kontaktes zu den Gruppen, indem sie die Patienten mit Kontaktadressen (Telephon-, Faxnummer) und den erforderlichen Formularen versorgen.


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